Wenn der Nachbar zur Nachtbar wird

Zugegebenermaßen bin ich recht froh, dass ich meinen ehemaligen psychisch kranken Nachbarn los bin. Es bedurfte zwar eines Umzug, aber es hat sich gelohnt. In die Hände geklatscht und nie wieder Besuch von diesem geisteskranken Typen!
Doch schon in der ersten Nacht in meinem neuen Domizil ging es los. Es rächte sich, dass ich nicht mehr im Dachgeschoss wohne. Dort trampelten lediglich Krähen und Elstern auf meinem Kopf rum. Nee diesmal hatte ich einen Übermieter, der punkt 24 Uhr anfing E-Gitarre zu spielen. Hm… was macht man denn da. Neu eingezogen und schon meckern. Ich wartete einige Minuten…eine halbe Stunde…eine Stunde…Punkt halb zwei Uhr morgens mit dem Gewissen, dass schon in zwei Stunden die Sonne aufgehen wird, fasste ich all meinen Willen zu einem Willenskloß zusammen und stapfte hoch.
Ich klopfte…keine Reaktion…Ich klingelte…keine Reaktion…Ich klingelte noch einmal…Er hörte vor lauter Gitarre spielen diese laute Türklingel nicht. Das ist doch absurd. Also beschloss ich säuerlich einen Zettel zu schreiben: Lieber Nachbar, vielleicht wäre es möglich das Gitarre spielen doch auf eine andere Zeit zu verschieben? Liebe Grüße Die Nachbarin. Das war doch wirklich nett von mir. Als dann die Vögel zwitscherten, wurde es oben ruhig. Ich war ziemlich gerädert und überlegte mir doch später noch mal hochzuschauen.
Frischen Mutes klopfte ich am nächsten Tag an seine Tür. Er öffnet. ,,Hallo, ich bin`s die Nachbarin! Sie hatten mich letzte Nacht nicht klingeln gehört, darum habe ich Ihnen ein Zettelchen vor die Tür gelegt.“ Spätestens jetzt wartete ich, eine mit dem Nudelholz über den Schädel zu bekommen… Aber nein, ein sympathischer netter Nachbar in meinem Alter schüttelte meine Hand. „Bitte entschuldige, ich dachte da wohne niemand! Ich bin übrigens der Marco!“ Sein polnischer Akzent klang nahezu liebreizend.
Ui ich war überwältigt von so viel Freundlichkeit. Marco scheint zwar immer noch des öfteren seine eigene kleine Bar mitten in der Nacht mit schöner Gitarrenmusik und Mädchengesang über mir zu eröffnen, aber der war so nett, dass ich mittlerweile kurz für mich selbst die Augen verdrehe und mich heimlich freue, dass Marco nicht geisteskrank sondern einfach nur lebendig ist.

0 Responses to “Wenn der Nachbar zur Nachtbar wird”


Comments are currently closed.